Rechtsgrundlagen
RECHTLICHER HINTERGRUND DER RECHERCHEN
Die Schutzfrist der Archivalien
Die Recherchen im Ungarischen Staatsarchiv werden vor allem durch drei Gesetze geregelt: Das Archivgesetz (Nr. LXVI/1995), das Datenschutzgesetz (Nr. LXIII/1992) und das Geheimnisschutzgesetz (Nr. LXV/1995).
Das Archivgesetz (AG) schreibt vor, dass ein jeder in den öffentlichen Archiven gebührenfrei forschen kann.
Die Schutzfrist der Archivalien
In der Zugänglichkeit der Archivalien (Forschung und Datenlieferung) ist die Grundfrage, nach wie vielen Jahren die Akten von ihrer Entstehung offen, also allgemein zugänglich werden. Das AG schreibt einen Doppeltermin vor (22.§.):
– bei den vor dem 2. Mai 1990 entstandenen Schriften 15 Jahre,
– bei den nach dem 1. Mai 1990 entstandenen Schriften 30 Jahre.
Das ist eine allgemeine Vorschrift, bei der es mehrere Ausnahmen gibt. Es gibt keine zeitliche Beschränkung für Schriftstücke, die schon zur Öffentlichkeit gebracht wurden (z.B. publiziert wurden) oder die (nur) Daten mit öffentlichem Interesse enthalten (Datenschutzgesetz [DSG] 19. und 20.§.)
Es ist möglich, dass die Schriften früher als die oben erwähnten 15 bzw. 30 Jahre zugänglich werden. Im Fall von Dokumenten mit 30jährigem Termin muss der Forscher die Genehmigung des Organs bekommen, das die Dokumente dem Archiv übergab. Im Fall des Schriftgutes mit 15jährigem Termin muss der Forscher außerdem auch die Genehmigung eines besonders zu diesem Zweck aufgestellten wissenschaftlichen Kuratoriums bekommen (AG 23..§ .)
Die persönlichen Daten enthaltenden Akten unterstehen einer besonderen Beurteilung. Da die Forscher am häufigsten deswegen an Beschränkungen stoßen, lohnt es sich, die Frage ausführlicher zu untersuchen. Den Begriff der persönlichen Daten bestimmt das DSG (2.§.) auf folgender Weise: „die mit einer bestimmten natürlichen Person (im weiteren: der Betroffene) in Zusammenhang zu bringende Angabe, die aus den Daten abzuleitende, sich auf den Betroffenen beziehende Folgerung". Aus der Definition geht hervor, dass der Kreis dieser Daten besonders breit ist. Die persönlichen Daten haben aber einen Kreis, der vom Gesetz besonders geschützt wird, deshalb werden sie taxativ aufgezählt – diese sind die besonderen Daten: „die persönlichen Daten, die sich auf die Rassenabstammung, die nationale, Nationalitäts- und ethnische Zugehörigkeit, auf die politische Meinung oder die Parteiangehörigkeit, auf die religiöse oder andere Überzeugung, auf den Gesundheitszustand, eine krankhafte Leidenschaft, das Sexualleben, und auf das bestrafte Vorleben beziehen."
Das AG regelt die Zugänglichkeit der persönliche Daten enthaltenden Dokumente separat, und schreibt 3 Termine vor: 30, 60, und 90 Jahre. Dementsprechend: „das persönliche Daten enthaltende Archivmaterial kann 30 Jahre nach dem Todesjahr des Betroffenen von irgendjemandem geforscht werden. Die Sperrfrist ist, wenn das Todesjahr unbekannt ist, 90 Jahre nach der Geburt des Betroffenen, wenn weder der Zeitpunkt der Geburt noch der des Todes bekannt ist, ist die Sperrfrist 60 Jahre nach der Entstehung des Archivmaterials."
Der Forscher hat gleichwohl die Gelegenheit, von den oben erwähnten Beschränkungen eine Enthebung zu bekommen:
- Wenn die betroffene Person (auf die sich die Daten beziehen) oder nach ihrem Tod ihr Erbe eine schriftliche Zustimmung gibt.
- Wenn die in den allgemeinen Vorschriften bestimmten 15 bzw. 30 Jahre vergangen sind und die Forschung einem wissenschaftlichen Zweck dient. Dass die Forschung einem wissenschaftlichen Ziel dient, muss durch einen wissenschaftlichen und Gemeinaufgabe erfüllenden Organ bestätigt werden, und der Forscher ist verpflichtet, die erfahrenen persönlichen Daten dem DSG gemäß zu behandeln und sie nur zu wissenschaftlichem Zweck zu verwenden.
- Wenn die Forschung mit einer anonymisierten Kopie zu verwirklichen ist. Unter dem Begriff anonymisierte Kopie ist das folgende Verfahren zu verstehen: Das Archiv verfertigt von dem gefragten Schriftstück eine Xeroxkopie, daraus die persönlichen Daten gestrichen werden, danach wird eine neue Xeroxkopie von der so vorbereiteten Kopie gemacht, und sie dem Forscher ausgehändigt. Die Kosten soll der Forscher auf sich nehmen.
Das Staats- und Dienstgeheimnis
Außer der persönlichen Daten kann auch das Staats- und Dienstgeheimnis die Sperrfrist der Forschung verlängern. Das Geheimnisschutzgesetz (GSG) definiert genau den Begriff des Geheimnisses, und gibt die Organe an, die ihre Dokumente als geheim bezeichnen dürfen, es schreibt Verfügungen vor, um die früheren unbegründeten Verheimlichungen aufzuheben, benennt die rechtlichen und natürlichen Personen, die in bestimmte geheime Dokumente Einsicht nehmen dürfen, gibt im Anhang des Gesetzes ein ausführliches Verzeichnis der Geheimnisse, gibt die Sperrfrist einiger Datensorten (der maximale Zeitdauer ist 90 Jahre) an. Es ist genügend als Allgemeinregel zu erwähnen, dass man in den das erwähnte Geheimnis enthaltenden Dokumenten nur mit der Bewilligung des registraturbildenden Organs forschen darf.
Schließlich ist es zu erwähnen, dass die Forschung der Dokumente, die nicht als Gemeinschriften bezeichnet, aber im Archiv aufbewahrt werden (z. B. Depositen von Privatpersonen), vom Übergeber beschränkt werden kann. Die Ausfolgung und Kopierung der Archivmaterialien sind zu verweigern, wenn die Forschung oder die Kopierung ihren physischen Zustand gefährdet (AG 25.§.). Das Verfahren, dass das Archiv seine schon in Kopie (auf Mikrofilm) vorhandenen Archivalien nicht in originaler Form aushändigt, dient auch dem Zweck des Materialienschutzes.
Die Antragsteller können schriftlich oder persönlich das Archiv um Auskunft bitten. Der 27.§ . des AG-s schreibt vor, dass das Archiv „aufgrund der vom Antragesteller gegebenen Informationen über Einzeldaten Auskunft gibt." Das bedeutet, dass das Archiv verpflichtet ist, die erwartete Auskunft über die Verwendung des Archivmaterials anzugeben, und die Findmittel im Benutzerraum dem Forscher zur Verfügung zu stellen, aber es ist nicht verpflichtet, statt des Antragstellers zu forschen. Die Forscher sollen die nötigen Signaturen zur Identifizierung der gesuchten Akten selbst aussuchen, und von den Archivaren sind das Lesen, das Übersetzen, das Deuten der Dokumente nicht zu erwarten.
Die Ablehnung des Forschungs- oder Informationsgesuchs
Die 26. und 29.§ . des AG-s regeln die Umstände der Verweigerung. Die partielle oder totale Ablehnung des Forschungs- oder Informationsgesuchs muss das Archiv schriftlich begründen. Wenn der Antragsteller die Verweigerung nicht annimmt, kann er vom Gericht eine rechtliche Abhilfe verlangen.
Das Ausleihen der Archivalien
Der 28.§. des AG-s beschränkt das Ausleihen der Dokumente auf einen engen Kreis. Dementsprechend kann das Archiv nur einem anderen Archiv Schriften zum Forschungszweck ausleihen. Es ist zu erwähnen, dass das Archiv wegen Sicherheits- und Bestanderhaltungsgründen dem Ausleihen von Originaldokumenten nur ausnahmsweise zustimmt, aber das Ausleihen von Mikrofilmen ist erlaubt, wenn das beantragte Schriftstück schon auf Mikrofilm vorhanden ist.
Die Kopierung der Archivalien
Das Archiv macht seit Jahrzehnten Kopien – vor allem Mikrofilme – über das Archivgut, und verfügt über entsprechende Einrichtungen, um den Forschern eine breite Skala der Kopien (Xeroxkopie, farbiger und schwarz-weißer Mikrofilm und Vergrößerungen) gegen Kostenersatz anzubieten. Der Kopierauftrag muss schriftlich eingereicht werden.
Kopien können
- am Ort angefertigt werden – das ist der sog. Schnelldienst, als der Forscher die Materialien direkt aus dem Benutzerraum zu Fotokopierung schickt bzw. begleitet, dann bezahlt und übernimmt die fertigen Fotokopien am Ort,
- im Rahmen des gewöhnlichen Dienstes fertiggestellt werden – das bedeutet, dass der Forscher die Kopien brieflich oder mit Ausfüllung eines Formulars beantragt.
Auf die Kopierung beziehen sich ähnliche Beschränkungsvorschriften wie auf die Forschung, mit der Ergänzung, dass die Forschungsgenehmigung auf die unter Beschränkung stehenden Archivalien nicht automatisch auch ihre Kopierbarkeit bedeutet. (102.§. des Gesetzes Nr. CXL./1997