Ausstellung

Das Archiv und seine Schätze

Ausgewählte Dokumente zum 250. Jahrestag der Gründung des Ungarischen Staatsarchivs

Vor 250 Jahren, am 1. März 1756 wurde Imre Csintó vom Palatin, Graf Lajos Battyhány zum ersten Archivar, genauer gesagt zum ersten stellvertretenden Archivar des Archivum Regni ernannt. Obwohl schon 1723 ein Gesetzartikel verabschiedet wurde, gemäß welchem die Truhe des Landes, welches die wichtigsten Rechtssicherungsdokumente der Stände enthielt, einem, neben dem Palatin funktionierenden Beamten anvertraut werden sollte, entstand das Amt erst mit der Ernennung Csinto’s in Pressburg (Pozsony, heute: Bratislava, Slowakei). Die Dokumente wurden in kürze nach Ofen übersiedelt. Den Zeitpunkt der Ernennung von Imre Csintó zum Archivar können wir als Gründungszeitpunkt des Ungarischen Staatsarchivs betrachten.

Das Archiv des mittelalterlichen Ungarns, das königliche Archiv ging in der Epoche nach der Schlacht bei Mohács verloren oder wurde im Land zerstreut. Seit dem 17. Jahrhundert bestanden die Stände immer mehr darauf, dass die Rechtssicherungsdokumente des Landes (königliche Erlasse, Gesetze, Landtagsdokumente, Friedenstraktate usw.) unter Bewachung des Palatins gestellt werden sollen, was von einem, im Jahre 1613 verabschiedeten Gesetz deklariert wurde. Gemäß dem Beleg von Palatin, György Thurzó in 1613 befanden sich elf Dokumente in der Truhe des Landes.

Das durch die Verabschiedung des Gesetzes Nr. XLV. von 1723 ins Leben gerufene Amt wurde – mit heutiger Terminologie – zur Bewachung der gemeinnützlichen Dokumente erschafft. Diese Funktion bewahrte das Amt während der Epoche der ständischen Regierung. Als nach 1867 der bürgerliche Staat entstand, wurde es immer nötiger, dass die administrativen und juridischen Dokumente der ständischen Regierung an einen sicheren Aufbewahrungsort gebracht werden. Die Ungarische Akademie der Wissenschaften bestand schon seit 1848 darauf, dass die Dokumente für die Zwecke der Geschichtsforschung in die Archive gebracht, und dass die Ämter als wissenschaftliche Institutionen betrachtet werden sollen. In dieser Angelegenheit wurde aber erst 1874 eine Entscheidung getroffen: Gyula Pauler bekam eine Stelle als Landesarchivar, danach wurden die Dokumente der ständischen Regierung, sowie die des Obersten Gerichtshofs wurden ins Archivum Regni gebracht. Als erste Aufgabe musste er die Dokumente und Schriften der abgeschafften Regierungsorgane einsammeln, und ins Archiv bringen lassen. Außerdem erschuf er die Struktur des Archivs und des neuen Archivwesens. Auf seine Empfehlung entstand die Anordnung Nr. 1875/7622. des ungarischen Innenministeriums, das die Organisation des Staatsarchivs festsetzte, und dann das Gesetz Nr. I. von 1883, dessen Paragraph Nr. 13. den Status der Beamten des Archivs bestimmte. Das neue Archiv war im Gebäude des Innenministeriums, wo aber der Platz immer geringer wurde. Aus diesen Gründen – und natürlich wegen dem ersten Weltkrieg – wurden zwischen 1906 und 1923 keine neuen Dokumente, Schriften und Akten übernommen.

Schon am Anfang der organisatorischen Arbeit von Gyula Pauler sprach man über die Errichtung eines neuen Archivgebäudes. Nach seinen westeuropÖischen Lehrreisen begann man mit der Planung und der Erbauung eines modernen, den Forderungen der Zeit entsprechenden (heute als Zentralgebäude des Ungarischen Staatsarchivs funktionierenden) Archivgebäudes. Der Ausbruch des ersten Weltkriegs verhinderte die Beendung der innerlichen Arbeiten, welche man nur 1921, während der Amtszeit von Generaldirektor Dezső Csánki beginnen konnte, und die erst 1929 beendet worden.

Im Leben des Archivs bedeutete die Umstrukturierung der ungarischen Sammlungen, die Entstehung der Ungarischen Sammlungsuniversität unter der Obhut von Kuno Klebelsberg den Beginn einer neuen Epoche. Erst jetzt wurden die seit 1848 lebenden Erwartungen der Heimischen Wissenschaftlichen Gesellschaft (= der Akademie der Wissenschaften) erfüllt: Im Archiv wurde das Archivgut nicht nur aufbewahrt, sondern auch für die wissenschaftliche Forschung zugänglich, und die Beamten führten auch selber historischen Forschungen aus und publizierten diese in Fachzeitschriften.

1926 zog ins Archivgebäude die Archivabteilung des Ungarischen Nationalmuseums ein. Bis 1934 funktionierte sie als selbständige Organisation, dann bis 1945 als direkt unter der Leitung des Generaldirektors stehende Abteilung. Bei der Umstrukturierung von 1945 wurde dieses Archivgut auch eingegliedert. Während des zweiten Weltkriegs und der Revolution von 1956 erlitt das Gebäude schwere Schäden, eine große Menge des Archivguts ging für immer verloren. Am Ende des 20. Jahrhunderts war das Zentralgebäude zu klein um das immer wachsende Archivgut zu deponieren, das neue Gebäude des Archivs wurde in Óbuda (III. Bezirk) aufgebaut.

Am 250. Jahrestag der Gründung des Ungarischen Staatsarchivs zeigen wir – gemäß den Traditionen des Archivs – unsere Schätze. Die erste Ausstellung dieser Art wurde 1882 unter der Leitung von Gyula Pauler im Gebäude in der heutigen Landtagsstraße (Országház utca) errichtet. Hier stellten sie nur Archivgut bis zum Ende des 18. Jahrhunderts aus. Als die Pläne für das neue Archivgebäude am Bécsi-kapu-Platz entworfen worden, vergaß man einen Ausstellungsraum nicht. Dieses ist aber sehr klein, somit kann man auch nur modeste Ausstellungen erschaffen.

Die ausgestellten Dokumente können in zwei Gruppen geteilt werden. Die erste Gruppe enthält Dokumente in chronologischer Reihenfolge, denen man wegen ihrem Inhalt, ihres Äußeren oder ihres Herausgebers Achtung schenken sollte. Damit man in diesem modesten Ausstellungsraum die meistmögliche Anzahl von Dokumenten vorführen kann, musste die chronologische Reihenfolge bei einigen Schriften geändert werden. Manchmal haben wir Akten die eine Angelegenheit bearbeiten oder die von einer Person, aber in verschiedenen Zeitpunkten geschrieben wurden an einem Ort gelegt. Deshalb konnten wir auch nicht die ganze ungarische Geschichte in Dokumenten ausstellen, nur eine repräsentative Sammlung. Die Dokumente, Akten, Schriften die sie hier sehen können, sind die Edelsteine unserer Vergangenheit, die die glor- und ruhmreichen sowie die trüben und nachdenklichen Momente in unser Gedächtnis rufen. Wir stellen ihnen auch einige, als Beilage der Dokumente im Archiv aufbewahrte Gegenstände vor. Die zweite Gruppe der ausgestellten Dokumente zeigt uns die Geschichte des Archivs von 1613 bis zur Ernennung des ersten Archivars in 1756, und bis zur Revolution in 1956.